Hassrede belastet die Stimmung, Einfluss auf politische Diskussion jedoch geringer als erwartet
Wir veröffentlichen unsere aktuelle forsa-Umfrage zu Betroffenheit und Wahrnehmung von Hassrede im Netz
Die Angst vor den gesellschaftlichen Auswirkungen von Hassrede ist groß. Schon seit acht Jahren befassen wir uns mit Hassrede im Netz. In diesem Jahr schauen wir in unserer repräsentativen forsa-Umfrage zur Wahrnehmung von Hassrede im Netz besonders auf deren Auswirkung auf das gesellschaftliche Klima. Es zeigt sich ein ambivalentes Bild: Online-Hass wird als Bedrohung für unsere Gesellschaft und damit auch für unsere Demokratie wahrgenommen. Jedoch scheint Angst vor Hassrede nicht der vorrangige Grund, um Online-Diskussionen im Internet fernzubleiben – viel eher ist es das Desinteresse, politische Diskussionen mit Fremden in Kommentarspalten zu führen.
Der Anteil derer, die Hasskommentare im Internet gesehen haben, ist seit 2016 deutlich angestiegen (2024: 78 %; 2016: 65 %). Auch diejenigen, die angeben, Hassrede im Netz sehr häufig (2024: 14 %; 2016: 8 %) oder häufig (2024: 28 %; 2016: 18 %) wahrzunehmen, werden seit unserer ersten Umfrage immer mehr. Knapp drei Viertel (74 %) der Befragten machen sich dabei Sorgen, dass durch Hass im Netz die Gewalt im Alltag zunimmt. Im Jahr 2024 halten lediglich 19 Prozent die Bedeutung und Auswirkungen von Hasskommentaren für überbewertet.
Keine Lust auf Online-Diskussionen mit Fremden
Trotz der wahrgenommenen Bedrohung, die von Hassrede ausgeht, scheinen Hass und Hetze die Beteiligung an politischen Diskussionen weniger zu beeinflussen als vielleicht erwartet. So gibt nur knapp jede sechste Person (16 %) an, sich in den vergangenen drei Monaten überhaupt aktiv an öffentlichen Diskussionen im Internet beteiligt zu haben. Bei 26 Prozent der Befragten ist das sogar schon länger als drei Monate her und ganze 57 Prozent von ihnen sagen, sie haben sich noch nie aktiv beteiligt. Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Doch Angst vor Hasskommentaren nennen nur neun Prozent derjenigen, die sich noch nie oder in den letzten drei Monaten nicht online beteiligt haben, als Grund dafür. Hingegen gibt fast die Hälfte (42 %) der Befragten an, schlichtweg nicht am Austausch mit fremden Menschen im Internet interessiert zu sein.
Wir brauchen jede Demokratin
„Die aktuellen forsa-Zahlen zeigen ein ambivalentes Bild. Hassrede belastet die Stimmung und doch ist sie nur für wenige Grund, sich online nicht zu beteiligen. Es lohnt sich wie so oft der differenzierte Blick. Gegen Hass und Hetze im Netz werden wir mit unveränderter Konsequenz vorgehen. Und das ist – jedenfalls im Empfinden der Nutzerinnen und Nutzer – auch dringend geboten, selbst wenn der gesellschaftszerstörerische Effekt geringer ist, als Hater es sich erträumt hatten. Die politische Gesellschaft besteht zum Glück aus mehr als nur Pöbeleien in Online-Kommentaren. Es bleibt dabei: Wir brauchen jede Demokratin und jeden Demokraten“, kommentiert Dr. Tobias Schmid, Direktor der Landesanstalt für Medien NRW, die aktuelle Umfrage.
Die politische Meinungsbildung findet nicht nur online statt. Mit Blick auf die mindestens wöchentliche Nutzung sind TV (71 %) und Radio (68 %) sowie der Austausch im persönlichen Umfeld (67 %) die am häufigsten genutzten Informationsquellen im politischen Meinungsbildungsprozess. Online-Medien folgen erst auf dem vierten Platz (64 %).
Kombination aus Strafverfolgung und Moderation schützt politischen Diskurs
Als wirksamste Maßnahme zur Bekämpfung von Hassrede wird weiterhin die strafrechtliche Verfolgung von Hate Speech bzw. von Hasskommentaren wahrgenommen (77 %). Besonders jüngere Menschen überzeugt eine weitere Strategie: So wünschen sich 66 Prozent der jüngeren Studienteilnehmenden (14 - 24 Jahre), dass das Posten von Kommentaren nur dann möglich sein sollte, wenn eine Moderation stattfindet. Auf die Frage, welche Maßnahmen die Befragten sich wünschen, um (wieder) an öffentlichen Online-Diskussionen teilzunehmen, gaben 40 Prozent der unter 25-Jährigen und 27 Prozent aller Befragten an, dass sie transparentere Richtlinien und Entscheidungsprozesse der Plattformen – etwa beim Löschen von Kommentaren – begrüßen würden.
Alle Ergebnisse der forsa-Befragung im Überblick finden Sie hier:
- forsa Hassrede 2024 [pdf, 629 KB]
Wenn Sie einen Hasskommentar im Internet bemerken, dann melden Sie sich gerne bei uns. Nutzen Sie dazu unser Beschwerdeformular auf unserer Website, um Verdachtsfälle – auch anonym – direkt an unsere Aufsicht zu melden. Jeder gemeldete Fall wird geprüft und bei Bedarf werden entsprechende Maßnahmen ergriffen. Außerdem bieten wir verschiedene Schulungen an, die konstruktive Online-Debatten fördern und Content-Moderatorinnen und -Moderatoren bestärken.
Die Seiten-Url wurde in der Zwischenablage gespeichert.