SO ERLEBT DIE GEN Z POLITISCHEN CONTENT AUF TIKTOK UND INSTAGRAM
Unsere Tagebuchstudie begleitet eine Woche lang Erst- und Jungwählende bei ihrer Nutzung von politischem Content
Schneller als erwartet befindet sich Deutschland wieder mitten im Wahlkampf. Und eine Altersgruppe steht vor der kommenden Bundestagswahl wieder ganz besonders im Fokus: die Erst- und Jungwählenden. Nach den Ergebnissen bei den vergangenen Europa- und Landtagswahlen wurde viel über den Einfluss sozialer Medien auf ihre Wahlentscheidung diskutiert.
Eine Tagebuchstudie der Landesanstalt für Medien NRW hat diesen Einfluss jetzt genauer untersucht: 50 Teilnehmende im Alter von 16 bis 20 Jahren dokumentierten im Rahmen einer Online-Tagebuchstudie eine Woche lang ihre Eindrücke zu politischen Inhalten auf TikTok und Instagram. Was sie in diesen sieben Tagen dort wahrgenommen haben, hielten sie in Form von Screenshots sowie Text- oder Sprachnachrichten fest. Die Tagebücher geben einen spannenden Einblick in das Nutzungsverhalten von jungen Wahlberechtigten und in ihre Erwartungen an politischen Content.
Junge Menschen suchen nicht aktiv nach politischem Content, fühlen sich aber trotzdem gut informiert
Die Teilnehmenden unserer Tagebuchstudie gaben an, dass sie oft nicht aktiv nach politischen Inhalten suchen, sondern eher zufällig auf ihren „For-You“-Seiten darauf stoßen. Gut informiert fühlen sie sich trotzdem – ein Phänomen, das als „News-Finds-Me-Perception“ bezeichnet wird. Damit politische Inhalte das Interesse von jungen Menschen wecken, müssen sie den Ansprüchen der Zielgruppe gerecht werden. Gelingt ihnen dies nicht, werden sie schnell weggeswiped und ignoriert.
Wer sich dem Nutzungsverhalten anpasst, wirkt professioneller und authentischer
Politischer Content wird von jungen Menschen durchaus wahrgenommen. Er muss laut unseren Studienteilnehmenden dafür aber kurz, visuell auffällig und ansprechend gestaltet sein. Parteien, politische Influencerinnen und Influencer oder Nachrichtenmedien, die diese Erwartungen eher erfüllen, hinterlassen bei unseren Befragten einen professionellen und vertrauenswürdigen Eindruck. Obwohl polarisierende Beiträge inhaltlich häufig kritisiert werden, können sie gleichzeitig als ansprechend und interessant gelten. Kanäle, die zusätzlich mit unterhaltsamen Inhalten und einem klar strukturierten Design punkten, wirken bei der jungen Altersgruppe besonders hochwertig und kompetent.
„Wir sehen, dass es Parteien im Wahlkampf schwerer haben werden, von der jungen Zielgruppe wahrgenommen zu werden, da sie sich nicht an das Nutzungsverhalten und die Plattformdynamiken von TikTok und Co. anpassen. Darum sehen wir das Risiko, dass die für einen demokratischen Prozess so wichtige Abbildung aller politischer Strömungen heute noch nicht gleichermaßen stattfindet. Zur Wahrheit gehört auch, dass letztendlich die Plattformen allein jedoch weder über die persönliche Wahlentscheidung der jungen Wählerinnen und Wähler aus unserer Studie noch über den Ausgang der kommenden Bundestagswahl entscheiden. Entscheidend ist mehr die Fähigkeit der Parteien, diese Plattformen adressatengerecht zu nutzen“, kommentiert Dr. Tobias Schmid, Direktor der Landesanstalt für Medien NRW, die aktuelle Studie.
Ansprechender Content bestärkt bestehende Tendenzen, aber die Wahlentscheidung fällt nicht durch TikTok und Instagram
Zwar sind TikTok und Instagram für die Jungwählerinnen und Jungwähler unserer Studie besonders niedrigschwellige Quellen zur politischen Meinungsbildung, aber ausschlaggebend für das Kreuzchen auf dem Wahlzettel sei politischer Content für sie nicht. Politische Beiträge ändern für sie keine grundlegenden Wahlpräferenzen. Jedoch werden bestehende Meinungen durch regelmäßigen Konsum durchaus verstärkt. So können Beiträge politischer Parteien oder ihrer Mittler auch unterbewusst zur Meinungsbildung und sogar zur Wahlentscheidung beitragen.
Die Ergebnisse der Tagebuchstudie finden Sie zum Nachlesen und zum Download ab sofort auf unserer Webseite.
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