Über 80 Prozent der Internetnutzerinnen und -nutzer haben bereits Desinformation zu Corona wahrgenommen
Aktuelle forsa-Zahlen bestätigen das Ziel der Landesmedienanstalten, Plattformbetreiber europaweit verstärkt in die Verantwortung zu nehmen
Im zweiten Jahr in Folge hat die Landesanstalt für Medien NRW das Meinungsforschungsinstitut forsa beauftragt, eine Erhebung zur Wahrnehmung von Desinformation und politischer Werbung durchzuführen. Aus aktuellem Anlass wurde außerdem die Erfahrung der Befragten mit Falschinformationen zur Corona-Krise abgefragt. Die Ergebnisse sind eindeutig: 81 Prozent der befragten Internetnutzerinnen und -nutzer geben an, dass ihnen persönlich schon einmal Desinformation zum Corona-Virus im Internet aufgefallen ist. In der jungen Altersgruppe der 14- bis 24-Jährigen ist die Zahl nochmals deutlich höher und liegt bei 93 Prozent.
Auch die Zahl derjenigen, die im Internet schon einmal politisch motivierte Desinformation wahrgenommen haben, ist weiterhin hoch und liegt bei über 60 Prozent. Damit bleibt die Sorge, dass Desinformation Einfluss auf demokratische Prozesse nehmen kann, akut: 83 Prozent der Befragten stimmen der Aussage (voll und ganz oder eher) zu, dass politische Desinformation unsere Demokratie bedroht. 86 Prozent der Befragten geben an, sich Sorgen zu machen, dass politische Desinformationskampagnen Wahlergebnisse manipulieren können.
„Wir erleben mit der Corona-Krise eine Zeit, die uns die Macht von Informationen deutlicher vor Augen führt als je zuvor. Der Gefahr, die hiervon ausgeht, muss daher dringend wirkungsvoll begegnet werden. Im Kreis der Europäischen Regulierer arbeiten wir an Lösungen, die angemessene und entschiedene Antworten auf dieses Problem liefern, ohne dabei umgekehrt das Recht auf freie Meinungsäußerung zu gefährden. Die gleichbleibend hohe Zahl derer, die Desinformation selber schon begegnet sind, zeigt, dass es hier einer klaren Regulierung und eines europäischen Ansatzes bedarf. Eine ausschließliche Selbstregulierung der Plattformen, wie wir sie aktuell haben, ist jedenfalls augenscheinlich nicht ausreichend“, bewertet Dr. Tobias Schmid, Direktor der Landesanstalt für Medien NRW, Europabeauftragter der Medienanstalten und Vorsitzender der ERGA* die aktuellen Zahlen.
Auch Erfahrungen mit politischer Werbung im Internet sind in diesem Jahr im Rahmen der forsa-Umfrage erhoben worden. Dabei zeigt sich, dass nur ein sehr geringer Teil der Befragten (12 %) der Meinung ist, politische Werbung müsse verboten werden. Die große Mehrheit wünscht sich jedoch, dass politische Werbung im Internet als solche gekennzeichnet werden muss (89 %). Eine deutliche Mehrheit stimmt (voll und ganz oder eher) der Aussage zu, dass politische Werbung von allen Parteien angezeigt (83 %), kostenlos ausgespielt (77 %) und nur auf die Zeit vor Wahlen beschränkt werden soll (74 %).
Die ERGA (European Regulators Group for Audiovidual Media) hatte in dieser Woche einen Bericht vorgelegt, in dem sie die aktuell ergriffenen Maßnahmen der großen Plattformen zur Bekämpfung von Desinformation bewertet. Auch dieser Bericht kommt zu dem Schluss, dass Plattformen ein höheres Maß an Transparenz gewährleisten müssen. Sowohl für die Regulierung und Forschung als auch für die Nutzerinnen und Nutzer sind die Gegenmaßnahmen zu Desinformation und die zur Verfügung gestellten Daten der Plattformen nicht zufrieden stellend. Außerdem fehlten derzeit eindeutige Definitionen der verschiedenen Phänomene der Ausprägungen von Desinformation und ihre die klare Abgrenzung zur politischen Werbung. Hierauf werden die deutschen und europäischen Medienregulierer in den nächsten Monaten ihr verstärktes Augenmerk legen.
*European Regulators Group for Audiovisual Media
Den Bericht und die dazugehörige Pressemitteilung der ERGA finden Sie ebenfalls online unter:
http://erga-online.eu/?p=732
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