Pressemitteilung | 26.06.2018
Don’t Feed the Trolls: Zehn konkrete Moderationsmaßnahmen für Online-Redaktionen gegen Hassrede im Netz
Landesanstalt für Medien NRW stellt Ergebnisse einer neuen Studie vor
Bildergalerie zur Veranstaltung
Alle Bilder: (c) Dorothea Näder
zur Bildergalerie
Hassrede und Verleumdung prägen zunehmend die Kommentarspalten von journalistischen Online-Angeboten. Diese unqualifizierten und oft emotionsgeladenen Debatten sind für Nachrichtenanbieter, ihre Redaktionen und die Nutzerinnen und Nutzer gleichermaßen unerwünscht und frustrierend. Mit der praxisorientierten Handreichung „Hasskommentare im Netz. Steuerungsstrategien für Redaktionen“ hat die Landesanstalt für Medien NRW heute einen 10-Punkte-Plan gegen Hassrede im Netz veröffentlicht. Er zeigt auf, wie Redaktionen entschieden gegen Recht- und Rücksichtslosigkeit im Netz vorgehen und ausufernde Debatten zivilisieren können. Die empfohlenen Maßnahmen sind das Ergebnis eines Forschungsprojekts der Landesanstalt für Medien NRW, das mit Unterstützung der Google Germany GmbH umgesetzt wurde.
„Das Besondere dabei ist, dass wir die theoretische Ebene verlassen und jede Maßnahme auch einem Praxistest unterzogen haben, um realitätsnahe und belastbare Empfehlungen geben zu können. Auf diesem Weg können wir Hassrednern gezielt und wirkungsvoll Einhalt gebieten und damit einen Beitrag gegen Hassrede und für eine neue Kommunikationskultur im Netz leisten“, so Dr. Tobias Schmid, Direktor der Landesanstalt für Medien NRW. Gleichzeitig appellierte er an die Verantwortung der Medienhäuser, sich diese Empfehlungen nun auch zunutze zu machen: „Unsere Untersuchungen konnten zeigen, dass auch ressourcenschwächere Redaktionen nicht machtlos sind – Maßnahmen wie Blocking, Einsatz und Bestärkung von Gegenrede sowie strafrechtliche Schritte haben bei überschaubarem Aufwand einen erstaunlichen Effekt. Wenn jeder hier etwas mehr tut, wird das Klima im Netz ein besseres werden.“
Im Rahmen der Studie wurde u. a. anhand einer Kommentaranalyse das Diskussionsverhalten von Nutzerinnen und Nutzern in unterschiedlichen Online-Diskursverläufen untersucht. Als Kooperationspartner standen Deutschlandfunk Kultur, die Mediengruppe RTL Deutschland, die Rheinische Post Online (RP Online), Spiegel Online und tagesschau.de zur Verfügung, mit deren Redaktionen überdies zwölf Expertengespräche zu den bisherigen Praktiken und Erfahrungen geführt wurden. „Redaktionen können mit relativ überschaubarem Aufwand öffentliche Diskurse zu ihren Gunsten beeinflussen, um das konstruktive Potenzial von Debatten noch stärker auszuschöpfen“, sagt Prof. Dr. Stephan Weichert von der Hamburg Media School, der das Projekt gemeinsam mit Dr. Leif Kramp vom Zentrum für Medien, Kommunikations- und Informationsforschung (ZeMKI) der Universität Bremen leitete. Besonders aussichtsreich seien moderierende Steuerungselemente, die auf eine Selbstregulierung unter den Nutzerinnen und Nutzern zulaufen: „Hier gilt es, die schweigende Mehrheit gegen notorische Störer und Hassredner zu mobilisieren, indem Redaktionen die ihnen zugewandten Nutzer etwa durch Gegenrede oder Dialog unterstützen, und sich auf diese Weise gegen destruktive verbale Einflüsse zu schützen“, so Kramp.
Whitepaper ist wichtiger Baustein neben der NRW-Initiative „Verfolgen statt nur Löschen – Rechtsdurchsetzung im Internet“
Das heute vorgestellte Forschungsprojekt ergänzt die konsequente strafrechtliche Ahndung von Hasskommentaren, die die Landesanstalt für Medien NRW zusammen mit Behörden und Unternehmen im Rahmen der Initiative „Verfolgen statt nur Löschen – Rechtsdurchsetzung im Internet“ verfolgt. Sie wurde 2017 mit dem Ziel, ein deutliches Zeichen gegen Recht- und Rücksichtslosigkeit und damit für Freiheit und Demokratie im Netz zu setzen, gegründet und ist die erste ihrer Art. Neben der Landesanstalt für Medien NRW sind auch die Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen (ZAC NRW) bei der Staatsanwaltschaft Köln sowie die Medienunternehmen Rheinische Post, Mediengruppe RTL Deutschland und der WDR beteiligt. Mit den Plattformen Google und Facebook befinden sich die Beteiligten im Austausch. Die Initiative setzt auf ein koordiniertes und konsequentes Vorgehen gegen die Verfasserinnen und Verfasser strafrechtlich relevanter Hassrede im Netz. Inzwischen wurden mehr als 180 Fälle zur Anzeige gebracht.
Generalprävention, wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn und Fortbildung
In Ergänzung der generalpräventiven und wissenschaftlichen Aktivitäten setzt die Landesanstalt für Medien NRW auch auf Fortbildungsangebote. Am morgigen 27. Juni 2018 wird ein Fachtag für Online-Redaktionen in Düsseldorf stattfinden. Dieser soll Redakteurinnen und Redakteure darin schulen, wie strafbare Hassrede identifiziert, dokumentiert und rechtssicher zur Anzeige gebracht werden kann. Darüber hinaus werden die Ergebnisse des Whitepapers und die zehn Ansatzpunkte gegen Hassrede im Netz erläutert und diskutiert.
Das Whitepaper „Hasskommentare im Netz. Steuerungsstrategien für Redaktionen“ und ein Factsheet mit allen wesentlichen Ergebnissen sind hier abrufbar. Eine ausführliche wissenschaftliche Publikation wird im Herbst 2018 im VISTAS Verlag veröffentlicht.
Die Seiten-Url wurde in der Zwischenablage gespeichert.